Sunday, February 3, 2013

Posted by mañanitas |
Mein zweites Wochenende in México und mein erstes im Casa Hogar! Eigentlich wollte ich mehr so an den letzten Beitrag anknüpfen, jedoch siegt der Drang, von den frischesten Erlebnissen zu berichten. Damit die ursprüngliche Idee aber nicht ganz auf der Strecke bleibt:
Ein Bild von meiner puerta! Die Mädels haben mir noch zwei andere Willkommensbilder
gemalt, die im Esszimmer hängen. Und später hab ich erfahren, dass es noch ein weiteres,
viiiiiiiel größeres gab; das hat aber, zur tiefen Erschütterung der Mädchen, der Hund gefressen.
Kein Scherz.


Der gefräßige Übeltäter. Übeltäterin, um genau zu sein.
Sie hört auf den Namen Estrella (=Stern)
 
Aber nun zu meinem Samstag. Eigentlich dachte ich, ich würde auf Safari gehen. Tatsächlich, ich meine nicht den Web-Browser, sondern diese Sache, die mit wilden, exotischen Tieren zu tun hat! Ich habe nämlich vor.. drei Tagen, glaube ich, Carolina näher kennengelernt, welche 21 Jahre alt (in meinem Alter, juhu!) und auch jeden Tag ein paar Stunden hier ist. :) sie studiert so etwas wie Lehramt. Und für die fiesta am Montag, die für den Gründer des Heims stattfindet und für die sie hier alle wie die Besessenen Tänze und Lieder üben, weshalb das auch einen Extra-Post verdient, haben wir zusammen zwei Plakate kreiert. Jap, es ist wahr, ich hab gemalt, ich habe sie gewarnt, dass ich talentlos bin , sie wollte es trotzdem. Und die Plakate sind wunderschön geworden!!! Dabei haben wir jedenfalls auch geredet, und ähm geschrieben. Ja, es kamen Sachen auf, da hat es sich einfach angeboten, den Laptop und Google Translate zu nutzen :D unter Anderem habe ich ihr auch erklärt, wie sich das für mich an diesem Wochenende verhält, dass ich da bleiben muss etc. und da lud sie mich zu sich und auf Safari-Tour ein. Fragt mich nicht, was daraus wurde, ich weiß es auch nicht genau. Ich hab sie zwar nochmal nach ihrer Nummer gefragt und sie am Freitag mehrmals angerufen, aber.. nada. Wer weiß, vielleicht hat sie sich doch fürs Ausschlafen entschieden, was ich ihr nicht mal übel nähme, da sie wirklich eingespannt ist, von der Uni. Oder vielleicht hat uns das gemeinsame in-Bäumen-stecken gebliebene-Bälle-und-Taschen-mit-Steinen-und-anderen-Bällen,-die-wiederum-ebenfalls-stecken-bleiben,-von-dort-Herunterholen doch nicht so sehr verbunden, wie ich dachte. Uns wurde auch oft genug gesagt, dass viele Mexikaner Konflikten, oder eben so was, eher aus dem Weg gehen, als offen zu sagen, was Sache ist. Aber! - das ist nicht blöd oder doof, sondern nur anders.

Alles auch halb so wild - hihihi, wortwitzig, wegen der Safari-Sache! - da ich abends noch mit einer der Madres „Brot“ (das Essen hier beansprucht auch einen eigenen Post) kaufen war und sie mir angeboten hat, mit auf eine Geburtstagsfeier nach Chalco, einem kleineren Dorf im Westen Mexiko-Stadts zu kommen. Geburtstagsfeier einer Nonne, das heißt.. die Gäste, das sind auch alles Nonnen. Aber natürlich lasse ich mir keine Gelegenheit des Eindrücke-Sammelns entgehen! Mich hat's auch echt interessiert, und ganz allein im casa bleiben, das wollte ich auch nicht unbedingt.
So ging es morgens nach dem Frühstück – oh ja ich freue mich schon auf den Beitrag übers Essen – auch schon los, zu dritt. Ich kenne im Übrigen nur drei der vier madres; nämlich ist eine gerade besonders fleißig am Studieren. Ich behauptete (Konjunktiv II und nicht Präteritum) zwar ohne Weiteres, dass die drei eine makellose Einheit bildeten, allerdings gehe ich schon davon aus, dass alles nochmal einen ganz anderen Flair hat, wenn die vierte auch dabei ist. Naja, und am heutigen Tag war eine der anderen drei ebenfalls verhindert, das bedeutet, wie gehabt, wir waren zu dritt.

Zuerst nahmen wir ein Taxi, dann stiegen wir an einer.. Busstation? ja, ich denke, man kann es schon so nennen, aus. Wir fuhren mit einem Gefährt, das ungefähr so aussah.

Meine Kamera wollte ich nicht mitnehmen, da ich ohnehin wie ein Tourist aussehe. In dieser Umgebung hab ich bisher glaube ich noch niemanden mit blonden Haaren oder blauen Augen gesehen. Die an sich nicht allzu störenden Blicke ignoriere ich aber, und zu mehr kommt es auch nicht, wenn die madres an meiner Seite sind. Auf dem etwas längeren Weg erstreckten sich verschiedene Seen mit (lebenden) Enten und unfern waren die Berge zu sehen. Richtig schön. Naja, ohne den vielen Müll selbsterklärend noch viel schöner.. ansonsten gab es noch viele, hm doch, schon sehr heruntergekommende Häuschen. Besonders die Läden wirken nicht sonderlich attraktiv (auf mich). Außerdem ist es schon ziemlich ironisch, wenn in einem Geschäft, das Türen verkauft, selbst nicht mal vernünftige Türen eingebaut sind. Und mir tut es weh, wenn ich schlafende Kinder oder Streunerhunde sehe.. Aber gut, was soll man machen, das sind die Verhältnisse. Nichtsdestotrotz behielt das meiste seinen ganz eigenen Charme. Die Fahrt verging aufgrund meiner neugierigen Beobachtungen sehr schnell. Nach einer kleinen Laufstrecke und dem Versuch, Wasserstoffperoxid für meine Kontaktlinsen zu kaufen – erstmal unwesentlich, kamen wir im Colegio an, wo sich die Feier abspielen sollte.

EIN GLÜCK BIN ICH DA HIN GEGANGEN! Anfangs war noch nicht viel los, wir luden unsere Sachen ab und ich erfuhr, was uns noch so erwarten würde. Unter anderem.. traditionelle, mexikanische Tänze! :) und der religiöse Teil sollte auch nicht zu kurz kommen.

Das Geburtstagskind heißt Rosa oder eben auch Rosíta.
Die monjas trudelten nach und nach ein, ich wurde so gut wie.. ach ich glaube allen vorgestellt – ca. 30 an der Zahl! - darunter auch der Geburtstagsnonne. Ein paar haben mich gefragt, ob ich vorhätte, zum Kreis dazuzustoßen und eine „monjita“ (=“Nönnchen“, „Nönnlein“) zu werden. Ähm. „Poco probable“ (=unwahrscheinlich) war meine ehrliche, wenn auch vorsichtig geäußerte Antwort. War ohnedies alles eher lustig gemeint :D
Dann ging es auch schon los – mit einer Art Gebetsrunde. Achso, zuvor fragte ich mich eine meiner madres, welche Religion ich eigentlich hätte. Oh Mist, die hatten meine 20seitige AFS-Bewerbung anscheinend nie zu Gesicht bekommen. Ein bisschen nervös sagte ich, dass ich konfessionslos bin, keine „religiöse Erziehung“ erfahren habe. Die madre erwiderte nur, dass sie nur frage, weil ich ja nicht an allem teilnehmen müsse, falls ich mich nicht wohl fühlte. Ich sagte, dass es mich sehr interessiere und ob ich zuschauen dürfe, was sie auch bejahte. Puh, damit war das also auch geklärt. Die „Gebetsrunde“ im Kapellenraum, so nenn ich das mal, bestand aus mehreren Lesungen aus dem (neuen? alten? Oh Mann ich bin so unwissend, was das angeht..) Testament und .. Liedern! Warum ich dieses Ausrufezeichen setze? Weil die mich wahnsinnig berührt, sogar gerührt haben, sooogaar.. kann ich das zugeben? - fast zu Tränen. Da es aber garantiert ein wenig merkwürdig gewesen wäre, wenn die Deutsche in der Ecke da auf einmal anfängt, zu heulen, hab ich mich zusammengerissen. Doch natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, später nach dem Namen des ersten Liedes, das mir am besten gefiel (muss auch sagen, dass die Gitarrensaiten von Mal zu Mal falscher gestimmt waren), zu fragen :) eventuell möchte ich das mit den niñas singen. Das was ich von den lecturas verstanden habe, hat mir auch gut gefallen. Zum Schluss gab man sich die Hand und wünschte sich Frieden.

Anschließend wurde, nach Abstimmung, was zuerst geschehen sollte („comiiidaaaaa“) gegessen. Alles sehr witzig. Ach, darauf bin ich noch gar nicht eingegangen. Die Nonnen sind nicht so, wie ihr sie euch vielleicht vorstellt. Das sag ich, weil ich mich auch getäuscht habe. Sie sind zwar fein und ein wenig fromm gekleidet – Bluse und Rock, außerdem allesamt kurze Haare, allerdings nicht in einer schwarzen Robe. Und sie lachen und spaßen verdammt viel herum. Meine madres im casa hogar sind, neben der Tatsache, dass sie unglaublich lieb zu mir sind, wirkliche Scherzkekse. Und abends, da wird auch schon mal eine Telenovela geschaut. Ein Beispiel. In einer Szene findet eine Frau irgendein komisches Bild von sich im Computer von jemand Anderem (weitere, sowieso irrelevante Hintergründe kenne ich nicht) und ruft, tief erschrocken darüber, jemanden an. Da sagt eine der madres: „Va a morir.“ = „die wird sterben“, obwohl, mehr so in einem Ton, der übersetzt hieße „joa, die wird abkratzen.“ Tatsächlich wurde sie direkt danach erst mal entführt. Gut durchschaut. Wie meine Mama einen Tatort, nach 10 Minuten. Haha, und wie die Direktorin, gleichermaßen madre, mit Estrella umgeht, das ist nicht zu glauben. Sie stupst den Hund an, der „stupst“ zurück, sie schreit. Nein kichert. Nein kreischt. Alles zusammen! Oder sie rennt vor ihr weg, sie hinterher, auch alles unter hysterischem Kichern, lauter als jede der 35 niñas.
Doch zurück zum Partygeschehen. Nach dem Essen ging das Programm weiter. Reden, Gesänge und Tänze, inklusive Massen an Freundlich- und Herzlichkeit. Ich bin ziemlich sicher, dass ich die ganze Zeit über nur gelächelt habe. Ich hab leider nicht die besten Teile der Tänze eingefangen, ich hatte auch nur begrenzten Speicher, sodass auf einmal Ende war, konnte irgendwann auch nichts mehr löschen. Und zur unwürdigen Qualität.. 2 Megapixel-LG-Handy.
Auch bewegend war die Runde, in der jede madre/hermana einer anderen ein weißes Band überreichte, mit Worten der Begründung. Manchmal waren sie auch etwas unsicher, eine leitete mit den Worten ein: „Bueno. Aquí estoy..“ („Gut. Hier bin ich.“) Also ungefähr so, wie ich es getan hätte. Ach war das alles niedlich.
Die 5 Gitarristinnen/Sängerinnen
Zum Schluss, para concluir, zelebrierte man den Akt der Piñata. Eine Art bunte Kugel, gefüllt mit Süßigkeiten, auf die man so richtig eindreschen muss, damit sie platzt und die Süßigkeiten herauspurzeln. Gleichzeitig wird anfeuernd gesungen. Der Reihe nach wurde also mit einem Stock raufgedroschen. Der erste brach entzwei, das Gelächter war groß. Als sie dann schließlich doch platzte, stürzten sich alle über die Jahre noch in Form gebliebene hermanas auf die Süßigkeiten. Was das für ein Anblick war!!!
Danach wäre wahrscheinlich Schluss gewesen, doch die Meute verspürte noch Lust, zu tanzen. Nicht soo viele, doch noch einige, schwangen folglich das Tanzbein. DANACH aber war Ende. Ich schaute auf die Uhr und konnte gar nicht glauben, dass es schon 18 Uhr war (wir kamen ungefähr gegen 11.30 Uhr an.)

Der Rückweg gestaltete sich insofern anders, als wir den zweiten Teil der Strecke zuerst nicht mit einem Taxi, sondern einem zweiten, größeren Bus zurücklegten. ..Schon die Anfahrt ließ mich, assoziativ, ein Gespräch mit der madre über die beiden großen Achterbahnen/Freizeitparks von Mexiko-Stadt beginnen. Ihr versteht schon. Man steigt übrigens in den Bus dazu, indem man ihn anhält (außer, man steigt, wie wir, an der Anfangsstation ein). Man steigt ebenfalls aus, wo man will, man muss bloß drücken. Der Bus steht für eine Sekunde, öffnet die Türen, man springt raus. Die Tür geht dann auch nicht zwingend wieder zu. Begleitet wird die Busfahrt von einem an Lautsprecher angeschlossen MP3-Player, der Salsa-rhythmus-artige Musik (oh ja da spricht der Profi aus mir) wiedergibt. Wieder kann ich nur sagen.. hat irgendwie Charme. Für den Rest des Weges nahmen wir wieder ein Taxi uuuuuuuuund da waren wir, ganz schön erschöpft.
Wir aßen noch ein bisschen zusammen, ich bedankte mich herzlich dafür, dass sie mich mitgenommen hatten. Sie antworteten nur: de nada, ich bin jetzt hier, also bin ich auch ein Teil der ganzen Familie.

2 comments:

  1. Ach Tine, ich kann mich nur wiederholen: Wenn man den Text lies, weiß man gleich, wer ihn geschrieben hat. Klingt wunderbar, was du alles erlebst! Und bei deiner Wortwitzigkeit musste ich furchtbar lachen. Dein Humor eben - oder UNSER??!?!?!1ß

    Miss ya und hab dich lieb,
    dein Italiener

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  2. Tine:

    Me gusta mucho la forma en que escribes —especialmente la incorporación aleatoria de palabras españolas—, así que trataré de leer tus entradas periódicamente.

    Que tengas una bonita semana,
    Fer

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